Genussmmittel

Genußmittel/Rauschgifte beim Tauchen

Die meisten Medikamente der Reiseapotheke können sich beim Tauchen durchaus negativ auswirken. Aber auch selbstverständliche Dinge des täglichen Lebens können das Wohlbefinden und die Sicherheit beim Tauchen ungünstig beeinflussen. Die Tasse Kaffee zum Frühstück vor der Ausfahrt, die Zigarette für "Freiheit und Abenteuer", das Bier beim Taucherschnack am Abend an der Hotelbar, all das hat einen Einfluß beim Tauchen. Nicht von ungefähr wird in der Arzneimittellehre von Teedrogen und Genußgiften gesprochen, wenn von den folgenden Stoffen die Rede ist.

Kaffee und Tee:

Wesentlicher Inhaltsstoff sowohl von Kaffe, als auch von Tee (und geringer auch von Cola-Getränken) ist das Coffein. Coffein wirkt erregend auf das zentrale Nervensystem, weshalb Kaffee und Tee auch als morgendlicher Muntermacher so geschätzt werden. Weitere Wirkungen sind jedoch eine Beschleunigung der Herztätigkeit, Weitstellung der Bronchien und Blutgefäße sowie die Anregung der Urinproduktion durch die Nieren. Der Effekt auf das Herz hat lediglich einen leicht vermehrten Luftverbrauch zur Folge. Die Erweiterung der Bronchien ist im Zusammenhang mit Tauchen grundsätzlich sogar positiv. Im Gegensatz dazu führt die Gefäßweitstellung zu einem verstärkten Wärmeverlust und damit zu einer früheren Auskühlung. Der Effekt auf die Niere addiert sich noch zu der ohnehin durch das Tauchen hervorgerufenen vermehrten Urinproduktion und führt so zu einem deutlichen Flüssigkeitsverlust beim Tauchen. Dieser Umstand erhöht die Gefahr, einen Deko-Unfall zu erleiden. Vor allem auch Taucher mit Trockentauchanzug sollten den Effekt des Coffeins auf die Nieren bedenken, wenn sie wirklich wert auf trockenes Tauchen legen, denn ein Wassereinbruch muß nicht immer von außen kommen. Es gilt daher die Empfehlung, Kaffee und Tee erst nach dem Tauchgang zu trinken.

Tabak:

Tabakrauch enthält eine Vielzahl unterschiedlichster Substanzen, von denen eine ganze Reihe bekanntermaßen gesundheitsschädliche Wirkungen haben. Es sollen jedoch nur die Wirkungen Erwähnung finden, die unmittelbar mit dem Tauchen in Verbindung stehen. Das Inhalieren des Rauchs führt zu einer chronischen Reizung der Atemwege und zu einer Engstellung der Bronchien. Zusätzlich kommt es über das im Rauch enthaltene Nikotin zu einer vermehrten Schleimproduktion. Über diesen Mechanismus steigt die Gefahr, daß Luft in einzelnen Abschnitten der Lunge bei der Ausatmung am Entweichen gehindert wird. Durch dieses sogenannte "Air-Trapping" kann es beim Auftauchen zu einer Lungenüberblähung und damit zu einem Lungenriß kommen. Die gleichzeitig hervorgerufenen Engstellung der Blutgefäße hat einen negativen Einfluß auf die Durchblutung der Körpergewebe und damit auf eine normale Stickstoffaufnahme und -abgabe, was zu Problemen bei der Dekompression führen kann. Zu den im Tabakrauch u.a. enthaltenen Substanzen zählt ferner zu einem nicht unerheblichen Teil Kohlenmonoxid. Dieses Kohlenmonoxid bindet sich zum Teil am roten Blutfarbstoff, so daß ein Teil der roten Blutkörperchen nicht mehr für den Sauerstofftransport zur Verfügung stehen. Ein erhöhter Luftverbrauch und eine geringere Leistungsfähigkeit sind die Folge. Obwohl Rauchen und Tauchen sich nicht gut vertragen, ist Rauchen unter Tauchern weit verbreitet. Es gilt auch hier die Empfehlung, daß, wenn es ohne Rauch nicht geht, wenigstens erst nach dem Tauchen zur Zigarette gegriffen werden sollte.

Alkohol:

Die grundsätzlichen Effekte von Alkohol dürften den meisten Lesern wohl aus heroischen Selbstversuchen bekannt sein. Weniger bekannt ist jedoch, daß bei einem hohen Prozentsatz der Ertrinkungsfälle von männlichen Erwachsenen Alkohol eine Rolle gespielt hat. Schon ein relativ geringer Blutalkoholgehalt führt zu einer eingeschränkten intellektuellen Leistungsfähigkeit und einer deutlichen Verstärkung des Tiefenrausches. Die Tiefenrauschgrenze verschiebt sich, so daß schon in wesentlich geringeren Tiefen als in den Lehrbüchern angegeben mit einem Auftreten gerchnet werden muß. Dies gilt natürlich auch für Restalkohol vom Vorabend! Darüber hinaus führt Alkohol zu einer Gefäßweitstellung und damit zu einer vermehrten Wärmeabgabe und Auskühlung. Im Rahmen von Bootsausfahrten sollte bedacht werden, daß Alkohol das Auftreten von Übelkeit begünstigt. Außerdem hat auch Alkohol eine anregende Wirkung auf die Urinproduktion und kann so zu einem relativen Flüssigkeitsmangel führen. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt nach einem feucht-fröhlichen Abend und einem kräftigen Kaffee am Morgen danach, da sich die Effekte von Koffein und Alkohol auf die Niere nicht einfach addieren, sondern multiplizieren. Es spricht nichts gegen ein ‘Absacker-Bier’ beim Apres-diving abends an der Taucherbar. Übermäßiger Alkoholgenuß sollte beim Tauchen jedoch vermieden und während des Tauchtages sollte auf Alkohol völlig verzichtet werden. Es sollte daher gelten:’ Don’t drink and dive!’

Bisher war nur von Genußmitteln die Rede, die legal, gesellschaftlich akzeptiert und allgemein verbreitet sind. Doch auch die Rauschgifte sollen Erwähnung finden, da (zumindest in der Statistik) ca. 30 % der Altersgruppe zwischen 16 und 35 Jahren Erfahrungen mit einer oder mehrerer der folgenden Substanzen hat.

Cannabis:

Hierunter zählen Marihuana und Haschisch, die bekanntlich in unterschiedlichen Zubereitungen konsumiert werden können. Eine mögliche Einnahmeform ist das Rauchen, bei dem es wie beim Tabakrauch zu den dort beschriebenen Veränderungen im Bereich der Bronchien kommen kann. Der Genuß von Cannabis führt zu einer veränderten Wahrnehmung, so daß es zu Halluzinationen und Trugbildern kommen kann, die sich beim Tauchen katastrophal auswirken können. Weitere Effekte sind u.a. Euphorie und Selbstüberschätzung, aber auch akute Angstzustände. Diese Wirkung von Cannabis kann über mehrere Stunden anhalten. Die Tiefenrauschgefahr ist schon bei geringeren Tiefen deutlich gesteigert. Zu den Wirkungen auf das zentrale Nervensystem kommen physiologische Veränderungen, die sich negativ auf das Tauchen auswirken. So ist der Sauerstoffverbrauch des Körpers gesteigert, was zu einem erhöhten Luftverbrauch führt. Außerdem kommt es zu einem verstärkten Wärmeverlust bei gleichzeitig verzögert einsetzendem Muskelzittern, so daß eine Unterkühlung beim Tauchen droht. Besonders zu erwähnen ist, daß auch einige Zeit nach der letzten Einnahme noch sogenannte Flashbacks auftreten können, die beim Tauchen durch plötzlich auftretende psychotische Veränderungen gefährlich werden können.

Aufputschmittel (Amphetamine, ‘Speed’) haben eine psychostimulierende und euphorisierende Wirkung. Hochgefühl, Selbstüberschätzung, Unterdrückung von Schmerz, Erschöpfung und Müdigkeit mögen bei einer Raver-Party willkommene Effekte sein, beim Tauchen führen sie zu einer massiven Gefährdung des Tauchers und seiner Partner. Auch hier ist wieder eine deutlich erhöhte Tiefenrauschgefahr gegeben, ebenso wie der Verlust der Fähigkeit, kritische Entscheidungen zu treffen. Weitere mögliche Wirkungen sind Schlaflosigkeit und Übermüdung, innere Unruhe und Angstzustände. Ein starkes Schlafdefizit erhöht die Gefahr eines durch hohe Sauerstoffteildrücke verursachten Krampfanfalls, was vor allem TeK-Diver beachten sollten. Außerdem ist im Zusammenhang mit der Einnahme von diesen Substanzen und körperlicher Anstrengung von plötzlichen Todesfällen berichtet worden.

Beruhigungsmittel, sogenannte Tranquillizer (‘Downs’) führen dagegen zu Schläfrigkeit, Benommenheit und Apathie. Da zusätzlich eine relative Muskelschwäche auftreten kann und ebenfalls die Gefahr der Stickstoffnarkose erhöht ist, muß auch hier vom Tauchen dringend abgeraten werden. Erwähnenswert ist noch die lange Verweildauer im Körper bei einigen dieser Präparate. Wer also die Folgen einer Zeitverschiebung mit Schlafmitteln in den Griff zu bekommen versucht, der sollte wissen, daß die meisten Medikamente dieser Art ebenfalls in diese Substanzklasse einzuordnen sind und daß diese Medikamente eine lange Restwirkung haben.

So manches nimmt beim Tauchen also Einfluß, von dem der Taucher gemeinhin nichts ahnt. Das muß aber nicht dazu führen, das Taucher in Ausübung ihres Hobbys in absoluter Askese leben und sich aller weltlichen Dinge entsagen. Gelegentlich (siehe Kaffee) reicht es schon, die richtige Reihenfolge einzuhalten oder Maß zu halten (Alkohol). Es ist wichtig, die Risiken und Nebenwirkungen zu kennen, um sie vermeiden zu können. In diesem Artikel sind die sogenannten ‘harten Drogen’, wie z.B. Heroin nicht erwähnt, weil ihre Wirkungen zu einer so starken Beeinträchtigung führen, daß Tauchen absolut ausgeschlossen sein sollte.

Außerdem dürfte der Interessenschwerpunkt der meisten Morphinisten nicht unbedingt beim Tauchen liegen.